Monogen erblich bedingter Diabetes mellitus:
Genetische Diagnostik & Beratung
Was ist monogen erblicher Diabetes mellitus?
Diabetes mellitus (DM) umfasst eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen mit dem Leitsymptom Hyperglykämie. In Deutschland sind 9 Millionen Menschen mit DM diagnostiziert.
Es wird davon ausgegangen, dass etwa 2 Millionen Betroffene bisher nicht erkannt bzw. diagnostiziert wurden.
Den meisten Fällen mit DM liegt eine multifaktorielle Form der Erkrankung zugrunde. Dies bedeutet, dass viele verschiedene, zumeist noch unbekannte genetische Faktoren
mit einem jeweils geringen Einfluss in Kombination mit Umweltfaktoren zur Entstehung der Erkrankung beitragen.
Monogene Formen des Diabetes mellitus entstehen durch Veränderungen einzelner Gene und betreffen ca. 5 % der diagnostizierten Patienten.
Verlauf, Prognose, Behandlung und genetische Ursache der verschiedenen Typen des erblichen DM können sehr unterschiedlich sein.
Pathophysiologisch liegen den monogenen Formen Sekretions- und Entwicklungsstörungen der Pankreas zugrunde.
Mit molekulargenetischen Analysen ist ein Nachweis der Ursache des monogen erblichen DM möglich. Das ist für Patienten und die betroffenen Familien von großer Bedeutung,
weil ein solcher Befund eine Prävention sowie verbesserte Therapien und somit bessere Prognosen ermöglicht.
Monogene Diabetesformen im Überblick
MODY (Maturity Onset Diabetes of the Young):
- Vererbung: autosomal-dominant
- insgesamt 14 MODY-Gene bekannt: GCK, HNF1A, HNF4A, PDX1, HNF1B, NEUROD1, KLF11, CEL, PAX4, INS, BLK, ABCC8, KCNJ11, APPL1
- Manifestation meist < 25 Jahre
- Klinische Indikatoren sind:
- kein Nachweis von T1DM-Autoimmun-Antikörpern
- Nachweis einer endogenen Insulinproduktion (messbares C-Peptid)
- keine Insulinresistenz sondern Insulinsekretionsstörung
- schlanker Habitus, milde Hyperglykämie
- lange Intervalle ohne Insulinbedarf
- keine Ketoazidose bei Nichtbehandlung
Tab.1: Aspekte derzeit bekannter MODY-Formen.
Die von Varianten betroffenen Gene mit Assoziation zu MODY, klinische Zeichen und Symptome, Verlauf und Therapiemöglichkeiten
Neonataler Diabetes mellitus (NDM):
neonataler Diabetes mellitus (NDM) tritt auf:
- als Symptom bei komplexen Fehlbildungssyndromen
- isoliert
- über 100 verschiedene Ursachen sind bekannt, so auch chromosomale Aberrationen (Fehlen oder Verdoppelung von chromosomalen Abschnitten) und Genveränderungen
- isolierter NDM ist angeborene Störung der Betazellfunktion, die in den ersten Lebensmonaten auftritt
- unterschieden wird zwischen transientem (TNDM) und persistentem neonatalem Diabetes (PNDM) mit einer Häufigkeit von ca. 1:300.000 Lebendgeburten in Europa
- monogene Formen des NDM können autosomal-dominant oder autosomal-rezessiv vererbt werden
Mitochondrialer Diabetes
- bedingt durch Veränderungen im mitochondrialen Genom
- maternale Vererbung
- Häufigkeit ca. 3 % in untersuchten Diabetikerpopulationen
- klinisch imponieren neben einem DM Muskelerkrankungen, Hörstörung (MIDD: Maternally Inherited Diabetes and Deafness), Sehstörungen
- variable Ausprägung je nach Heteroplasmiegrad
- durch frühzeitige Diagnose der ursächlichen Genveränderung können rechtzeitig präventive Maßnahmen, z. B. Gaben von CoQ10 erfolgen und so Beginn der Erkrankung und Insulintherapie über viele Jahre hinausgezögert werden
Gestationsdiabetes (GDM)
- jede 7. Schwangere in Deutschland entwickelt einen Gestationsdiabetes mit entsprechenden Langzeitfolgen für Mutter und werdendes Kind
- Erstmanifestation von T1DM, T2DM, MODY oder MIDD möglich
- Abgrenzung der verschiedenen Formen nur durch molekulare Diagnostik möglich
- mögliche Folgen für das werdende Kind:
- Entwicklungsdefekte
- Herzfehlbildungen
- Fehlbildungen im Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt
- Neuralrohrdefekte
- faziale Verschlussdefekte (z. B. Lippen-Kiefer-Gaumenspalten)
- Makrosomie
- frühzeitige Diagnose entscheidend, um Therapie auf Basis des Diabetes-Typs anzupassen
- Ziel: Vermeidung von Komplikationen und Fehlbildungen beim Kind
Klinischer Nutzen genetischer Diagnostik monogen erblicher Formen des Diabetes mellitus
Die Unterscheidung der verschiedenen Ursachen eines Diabetes ist eine Voraussetzung für eine adäquate Therapie und Prognose.
Bei Kenntnis der ursächlichen Genveränderung lassen sich für Betroffene bessere Resultate erzielen durch:
- Behandlung vor Auftreten erster Symptome
- rechtzeitige und adäquate Therapie
- Identifizierung von Personen mit erhöhtem Risiko in Familien der Indexpatienten zum Angebot präventiver Maßnahmen
- präzise Abklärung von Wiederholungsrisiken für Schwangere mit GDM
- Vermeidung von Spätkomplikationen
Kontakt/Beratung/Patienten- und Probenmanagement
MVZ diagnosticum Frankfurt
Zentrum für Humangenetik
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T. +49 69 5308 4370
Email.
Nützliche Informationen und Links:
Broschüre „Monogen erbliche Formen des Diabetes mellitus“
Checkliste für Indikationsstellung zur MODY-Diagnostik
Formular „Molekulargenetische Untersuchung der monogen erblichen Formen von Diabetes mellitus“